von Annette Frühauf
Daher sollte man sich auch einen Tag Zeit nehmen, um den Schwarzwald so richtig genießen zu können. Vom Parkplatz geht es über die B500 und leicht bergauf zum Beginn des Wildnispfades. Unter den Fichten ist es dämmrig. Ihre dichten Äste lassen nur wenig Licht durch. Die Kinder stört das überhaupt nicht. Sie laufen ein ganzes Stückchen vorneweg und man hört immer wieder: „Da ist eine Pfütze“ oder „Achtung, Äste“.
Es ist kein ‚Sonntagsspaziergang‘ über die rund 70 Hektar große Waldfläche, die Orkan ‚Lothar‘ 1999 heimsuchte. Dafür ist es spannend, denn hinter jeder Biegung gibt es etwas zu entdecken oder zu überwinden. Die Kinder, die sonst nie spazieren gehen möchten, sind kaum zu bremsen. Die zerstörerische Wucht des Sturmtiefs mit Böen über 250 Kilometer pro Stunde ist hier hautnah zu erleben - genau richtig für neugierige Forscher. Die Sturmfläche wurde nicht aufgearbeitet und der Wildnispfad entstand, gefördert durch den Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord. Es ist ein einmaliges Dokument der Sturmereignisse entstanden und eine Landschaft, die sich Tag für Tag selber ‚kuriert‘.
Natur erspüren
Diese Selbstheilung der Natur ist spürbar: „Ich habe ganz nasse Füße“, tönt es zwischen den Bäumen. Die Steine des kleinen Bachlaufs, der sich seinen eigenen Weg gegraben hat, sind glitschig. Allzu leicht rutscht der Fuß ins kalte Nass. Eine Leiter hilft auf den schmalen Weg zurück, der immer wieder von riesigen Wurzeln und Baumstämmen gesäumt ist. Bei genauerem Hinsehen wachsen Pilze, Moos und kleinere Pflanzenaustriebe auf dem Totholz. Immer wieder taucht ein Hindernis auf und es stellt sich die Frage - „drübersteigen oder doch unten durchkriechen?“ Trotz der Wanderschuhe ist es manchmal bequemer, sich zu ducken und aufzupassen, dass man nirgends hängen bleibt. Wer sich die Zeit nimmt, lernt von den Infotafeln viel über die Natur. Sie ist hier - ähnlich wie im Bannwald - weitgehend sich selber überlassen.
Nach etwas mehr als einem Kilometer sind alle beim Buchendom angelangt, einer gemütlichen Holzliege umgeben von großen und kleinen Buchen. Beim Innehalten hört man die Geräusche der Natur. Neben einzelnen Vogelstimmen und undefinierbaren Knackgeräuschen, ist ein fernes Rauschen zu hören - es kommt von der nahegelegenen Schwarzwaldhochstraße, die seit 75 Jahren von Baden-Baden nach Freudenstadt durchgängig befahrbar ist. Im Wald wartet bereits nach wenigen hundert Metern ein weiteres Highlight - der Adlerhorst, der im letzten Jahr erneuert wurde. Der alte Ausguck war morsch und zu unsicher geworden. Noch kann man über die Gipfel des Jungwaldes bis ins Rheintal schauen.
Allerdings geht es beim Besteigen der Plattform, das geschieht über einen wackeligen Steg, mehr um die Wahrnehmung des Mischwaldes von oben. Damit sich die Besucher wie in einem Nest fühlen, wurde alles mit Ästen und Zweigen verkleidet - ein guter Ort für eine kurze Rast und ein kleines Picknick. Müde Wanderer können jetzt die Abkürzung nehmen, die zum Einstieg in den Pfad zurückführt - alle anderen folgen dem Schild mit dem schwarzen Specht im grünen Kreis zu den Wollsackfelsen. Es geht eine kleine Felswand hinauf - eine Art Miniatur-Klettersteig. Beim Ausblick auf die hingeworfenen Stämme denkt man unweigerlich an Mikado. Hier sind die Stäbe allerdings um ein Vielfaches größer. Über die ‚Märchenwiese‘, eine moorige Lichtung mit kleinem Bächlein, geht es nach rund einem halben Kilometer zum Hotel Plättig und dem gegenüberliegenden Parkplatz zurück. Der Weg ist nicht kinderwagentauglich und auch erst für Kinder ab vier bis fünf Jahren geeignet. Er darf nicht verlassen und bei Wind und Schnee auch nicht begangen werden.
Wildnispfad, Schwarzwaldhochstraße (B500), Bühlerhöhe, nahe Plättig, 12 Kilometer südlich von Baden-Baden, Einkehrmöglichkeiten in der Waldgaststätte Schwanensee und im Waldgasthaus Kohlbergwiese
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