Wenn es mit dem Sprechen noch nicht klappt

01.09.2019
Eine Logopädin und ein circa sechsjähriger Junge sitzen seitlich vor einem Computer, auf dem mehrere kleine Bilder zu sehen sind, die Wörter mit "F" symbolisieren. Sie drückt auf mit dem Finger auf die Mitte der Unterlippe. Der Junge imitiert dies.
© dbl e.V. - Dt. Bundesverband f. Logopädie/J. Tepass

Sprachstörungen zählen zu den häufigsten Entwicklungsauffälligkeiten. Bei Vorsorgeuntersuchungen wird der Sprachstand von Kindern überprüft, aber viele Schwierigkeiten fallen erst in der Schule auf.

Sprachdefizite betreffen fünf bis acht Prozent aller Kinder, insbesondere Jungen sind betroffen. Im Vorschulalter machen sie sich durch Schwierigkeiten bei der Lautbildung, mit mangelndem Wortschatz, Grammatikfehlern oder durch Schwierigkeiten beim Erzählen und bei der Kommunikation erkennbar, erklären Experten.

„Wenn ein Kind zum Beispiel noch nicht seinem Alter entsprechende Sätze bilden kann, wesentlich weniger Worte als Gleichaltrige spricht, Sprache nicht versteht, unverständlich spricht oder stottert, spricht man von einer Sprachstörung“, erklärt die Logopädin und Lerntherapeutin Christine Moritz. Dann sollten Eltern ihr Kind beim Arzt vorstellen. Falls der eine logopädische Behandlung nicht für notwendig hält und die Eltern aber besorgt bleiben, können sie um eine Verordnung zur Abklärung und Beratung bitten. Diese stehe ihnen zu. In manchen Fällen könne auch schon eine Fachberatung hilfreich sein. Kinder, die bereits in ihrer Sprachentwicklung auffällig waren, könnten auch beim Lesen, Schreiben oder Rechnen in der Schule Schwierigkeiten bekommen. Daher sei es wichtig, dass das Kind eine gute Basis in seiner Sprachentwicklung hat, bevor es in die Schule kommt.

Sprache fördern vor der Schule!

Um diese zu begünstigen, sollten Kinder im Baby- und Kleinkindalter unterstützt werden. Verse und Spiele bieten Möglichkeiten für Blick- und Körperkontakt und gemeinsame Freude aneinander. Ein Kinderwagen, in dem das Kind mit dem Gesicht zu den Eltern sitzt, ermöglicht den Blickkontakt, es kann erzählt werden, was gerade gemeinsam erlebt wird. Sonst gilt: dem Kind so oft wie möglich die volle Aufmerksamkeit in einer geräuscharmen Umgebung schenken, damit es sich auf sein Spiel oder die Sprache der Familie konzentrieren kann.

Bei Mehrsprachigkeit sollten Eltern in ihrer jeweiligen Sprache mit dem Kind sprechen und kein fehlerhaftes Deutsch verwenden oder gar die Sprachen mischen, so Moritz. Wenn ein Kind noch nicht korrekt spricht, sollte man das fehlerhafte Wort oder den Satz aufgreifen und korrekt ganz natürlich im Gespräch wiederholen. Lieber nicht mit „so sagt man das nicht, das war falsch“ reagieren, dadurch könnte es die Sprechfreude verlieren, meint die Logopädin, und diese sei Voraussetzung, um Sprache zu lernen.

Medien sparsam konsumieren

Wie in vielen Bereichen der Kindesentwicklung kann sich ein übermäßiger Medienkonsum negativ auf den Spracherwerb auswirken. Eltern, die häufig auf das Handy statt in das Gesicht des Kindes schauen oder nebenbei oft telefonieren, sollten lieber den Blickkontakt zum Kind suchen. Der ist sehr wichtig für die Nähe, die Bindung und für den Spracherwerb. Auch Kindersendungen, lange TV-Nutzung, I-Pad oder ähnliches könnten zu Sprach-, Lern-, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen führen. Stattdessen wäre ein stilles Spiel in Ruhe besser oder einfach bauen, basteln, Freunde treffen, klettern und bewegen. „All das sind wichtige Bausteine in der Entwicklung des Spracherwerbs und auch der sozialen Kontakte, der Wahrnehmungs- und Motorikentwicklung“, sagt die Logopädin.

Buchcover des Buches "Kindliche Aussprachestörung". Neben einem gelben Feld in dem "Ratgeber" steht, sieht man zwei Mädchen im Profil. Eines hat einen Stift im Mund. Darunter stehen die Autoren.

Annette Fox-Boyer, Inula Groos u. a.: Kindliche Aussprachestörungen: Ein Ratgeber für Eltern, Erzieher, Therapeuten und Ärzte, 3. Auflage, erschienen 2015, Schulz-Kirchner-Verlag, ISBN 978-3-8248-1198-4, 9,49 EUR