Was Kamille, Salbei und Ringelblume alles können

01.11.2020

Kräuter sind Wundermittel: Sie lösen Krämpfe, beruhigen, heilen Wunden, stärken die Abwehrkräfte und können noch viel mehr. Aber gewusst, wie. Denn jedes Kraut hat eine andere Wirkung und bei der Zubereitung sind manchmal Fingerspitzengefühl und Vorsicht geboten.

Die Verwendung von Kräutern zu gesundheitlichen Zwecken hat eine lange Tradition. Schon früher waren weise Frauen bekannt, manchmal auch als „Kräuterhexen“ betitelt, die mit Hilfe von Tees, Salben und Tinkturen aus Kräutern den Menschen die Beschwerden genommen haben. Die Wirkung der Kräuter resultiert aus wasserlöslichen Inhaltsstoffen und ätherischen Ölen, die besonders wirksam gegen Viren und Bakterien sind, aber noch weitere positive Eigenschaften haben.

Pflanzen sind somit Nahrung und Medizin zugleich. Das hat vor vielen Jahren schon der Schweizer Arzt Theophrastus Bombast von Hohenheim, bekannt als Paracelsus, gesagt. Dieter Berweiler, Kräuterexperte, Heilpraktiker und Betreiber des Calendula Kräutergartens in Stuttgart-Mühlhausen, bringt es auf den Punkt: „Wunder kommen aus der Erde“.

Mehr Wirkstoffe in ganzen Blättern

„Wichtig, ist, dass die Kräuter von guter Qualität sind“, erklärt Berweiler. Als Anwender sollte man darauf achten, dass die Kräuter nicht zu lange gelagert, im getrockneten Zustand luftdicht verschlossen sind und möglichst aus ganzen Blättern bestehen. Entscheidend für die Wirkung ist, wie viele Inhaltsstoffe enthalten sind. Das hängt auch davon ab, wann die Pflanze geerntet, wie sie angebaut wurde und wie viel Sonne sie bekam. Der Geruch oder der Geschmack können schon einiges über die Qualität aussagen. 

Die Tropfenzahl spiegelt die Qualität der Tinktur

Oft stellt sich die Frage, ob es bei Kräutern auch Überdosierungen oder falsche Anwendungen geben kann. „Wenn die Kräuter als Tinktur verabreicht werden, sollten Verbraucher darauf achten, welche Dosiermengen empfohlen werden. Wenn die Wirkstoffe weniger konzentriert in den Tropfen enthalten sind, ist eine entsprechend höhere Dosis nötig, die dann auch einen höheren Alkoholkonsum zur Folge hat, der unter anderem für Kinder bedenklich sein kann“, erklärt Berweiler. Ansonsten sind Heilkräuter in der Regel unbedenklich bei der Anwendung, insbesondere bei fertigen Präparaten. Allerdings sollten Schwangere bei bestimmten Kräutern, wie beispielsweise Eisenkraut, Wermutkraut, Beifuß oder Himbeerblätter, aufpassen, da sie Wehen auslösend wirken können. 

Kräuter so wenig wie möglich zerkleinern

Als Heilkräuter bezeichnet man die Wurzeln, Blätter und Blüten von Pflanzen, die eine heilende Wirkung haben. Diese Kräuter können sowohl frisch, als auch getrocknet verwendet werden. Meist kommen sie jedoch getrocknet zum Einsatz, da sie für Transport und Lagerung haltbar gemacht werden. Wer hat schon alle Kräuter frisch im Garten?

„Zitronenmelisse sollte man allerdings immer als frisches Blatt verwenden, da sich die ätherischen Öle auf dem Blatt und nicht im Blatt befinden“, ergänzt Berweiler. Man ernte Kräuter am besten kurz vor Vollmond, an den längsten Tagen des Jahres. Und dann sollte man die Blätter so wenig wie möglich schneiden, da sie ihre Inhaltsstoffe an jeder Schnittstelle verlieren. Das gilt grundsätzlich bei allen Heilkräutern.

Stengel, Wurzel oder Blätter?

Bei vielen Heilpflanzen lassen sich alle Pflanzenteile verwenden. Die Wirkstoffe kommen jedoch unterschiedlich intensiv in der Pflanze vor. Deshalb werden beispielsweise bei der Angelika - auch Engelswurz genannt - meist nur die Wurzeln verwendet. Bei Minze werden dagegen die Blätter verarbeitet, denn in den Stengeln sind nur ganz geringe Mengen ätherischer Öle zu finden. Wer selber Kräuter anbaut und sie als Heilmittel einsetzt, sollte sich in der Heilkräuterkunde etwas auskennen.

Wichtig ist natürlich, die Wirkung der einzelnen Kräuter zu kennen. Dann kann auch beispielsweise bei einer Nasennebenhöhlenentzündung eine Kräuterkombination eingesetzt werden, die nicht nur mit Seifenkraut und Tausendgüldenkraut die Nase frei macht, sondern weitere Nebenbaustellen der Erkrankung, wie Kopfweh oder Fieber, berücksichtigt.

Eine Auswahl von 10 Heilpflanzen:

Baldrian

Das Bild zeigt eine Baldrianpflanze. Die Blüten sind rosa.

Baldrian ist ein bekanntes Heilmittel gegen Unruhe und Nervosität. Die Wurzeln der Pflanze haben eine stressabbauende Wirkung, beruhigen und fördern den gesunden Schlaf. Es hilft Kindern nicht nur beim Einschlafen, sondern auch bei Aufregung (Prüfungen, Schulaufführungen), Kopfschmerzen, Ängsten, aber auch Blähungen.

Beifuß

Beifuß ist ein sehr altes Heilkraut. Verwendet werden die Blätter und Rispen. Beifuß wird meist als Tee eingesetzt zur Geburtserleichterung. Es hilft auch gegen Verdauungsbeschwerden und bei Übelkeit.

Brennnessel

Das Bild zeigt eine Brennnesselpflanze. Die Blätter sind grün.

Die Brennnessel wird oft zu Unrecht als Unkraut angesehen, ist jedoch ein wirksames Heilkraut bei verschiedenen Beschwerden. „Hätte die Brennnessel keine Stacheln, wäre sie schon längst ausgerottet worden, so vielseitig sind ihre Tugenden“, schrieb Kräuterpfarrer und Autor Johann Künzle in seinen gesammelten Werken. Die Brennnessel ist reich an Eisen und kann nicht nur als Tee, sondern auch als Brennnessel“spinat“ zu sich genommen werden. Auch die Samen der Brennnessel sind essbar und haben einen leicht nussigen Geschmack. Ihre Wirkung ist ausgleichend, regenerierend und potenzsteigernd und galt deshalb als das Ginseng Europas. Außerdem wird die Wurzel der Brennnessel als Haarwuchsmittel eingesetzt.

Ringelblume

Das Bild zeigt Ringelblumenblüten. Die Blüten sind orange.

Die Ringelblume ist nicht nur eine Bauerngartenblume und wächst fast überall, sie kann auch auf vielerlei Art und Weise heilend eingesetzt werden. Beliebt war sie früher als Salbe, die mit Schweineschmalz und Blütenköpfen hergestellt wurde. Besonders auf Schürfwunden, Verbrennungen - sofern die Hautoberfläche noch geschlossen ist - und bei Hautirritationen findet sie noch heute Verwendung. Ringelblume hilft auch bei Magen-Darm-Beschwerden.

Arnika

Auf dem Bild ist eine Arnikapflanze zu sehen. Ihre Blühten sind geld.

Ihr zweiter Name ist Bergwohlverleih. Sie gehört zu den Korbblütlern und wächst in zwei Gebirgsregionen Europas. Ihre Wirkstoffe sind entzündungshemmend. Doch wegen ihrer Toxizität durch zwei Inhaltsstoffe sollten Arnikablüten nicht innerlich angewendet werden, auch nicht in Form von Tee.

Kapuzinerkresse

Diese Pflanze hat einen hohen Vitamin C-Anteil, stärkt den Organismus und unterstützt die Immunkräfte. Die Blüten und Blätter werden verwendet. Gegen Bakterien, Viren, Pilze und andere Mikroorganismen wirken die sogenannten Glucosinolate. Eines der stärksten natürlichen Antibiotika.

Kamille

Kamille ist vor allem im Tee bekannt. Es wird aber auch für Tinkturen, Salben und Badezusätze verwendet. Kamille wirkt antibakteriell und hilft bei Entzündungen, Krämpfen und verbessert die Wundheilung. Meist werden die Blüten getrocknet, die Wirkstoffe liegen aber auch in den Blättern.

Cistus

Cistus gilt als Keimkiller bei Grippe und Erkältung und wirkt insbesondere bei viralen Erkrankungen, die mit den Schleimhäuten in Verbindung stehen. Es ist ein Zistrosengewächs, das im Mittelmeerraum beheimatet ist. Die wissenschaftlich nachgewiesene antibakterielle und antivirale Wirkung macht dieses Heilkraut sehr beliebt. „Zum einen wirkt die Zistrose durch ihren Harzanteil, zum anderen durch ihre wertvollen ätherischen Öle“, erklärt Berweiler.

Lavendel

Auf dem Bild ist Lavendel zu sehen. Die Blüten isind lila.

Lavendel ist leicht an dem strauchartigen Wuchs und den lilafarbenen Blüten und am Duft zu erkennen. Die ätherischen Öle der Pflanze werden aus frischen Blüten oder Blütenständen gewonnen. Lavendel wirkt beruhigend, gegen innere Unruhe und Erschöpfung, einschlaffördernd, gegen Migräne und Magen-Darm- und Gallenbeschwerden.

Minze

Das Lippenblütengewächs Minze wächst in Deutschland hervorragend im eigenen Garten oder Blumentopf. Minze schmeckt nicht nur aromatisch in Tee oder Kaltgetränken, sondern wirkt gleichzeitig schmerzlindernd und krampflösend und wird bei Durchfall und Übelkeit eingesetzt. Die entzündungshemmende Wirkung der Minze wird aber auch bei Erkältung, Fieber und rheumatischen Erkrankungen geschätzt.