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Pflege von schwerbehinderten Kindern zu Hause

01.03.2021

Eltern von schwer behinderten Kindern sind auf Hilfe von außerhalb der Familie angewiesen, wie sonst keiner. Neben der Pflege ihrer Kinder rund um die Uhr müssen sie häufig um finanzielle Unterstützung kämpfen und die zu ihrem Kind und seinen Beeinträchtigungen passenden Betreuungsangebote finden.

Bei körperlichen und geistigen Behinderungen kann Hilfe bei der täglichen Pflege schon ab der Geburt notwendig sein. Um finanzielle Unterstützung durch die Pflegekasse zu bekommen, muss zunächst der Pflegegrad des Kindes bestimmt werden. Nach der Höhe des Pflegegrades von 1 bis 5 erhalten die betroffenen Familien dann finanzielle Unterstützung. Falls diese nicht ausreichend ist, bekommen bedürftige Familien weitere „Hilfe zur Pflege“ vom Sozialamt.

Hilfe finden

Um die Pflege ihrer Kinder und Jugendlichen zuhause zur organisieren, können sich Eltern an örtliche Behindertenverbände wenden. Die Behindertenhilfe der Caritas und Diakonie sind hier immer gute Ansprechpartner, aber auch die Lebenshilfe kümmert sich seit über 50 Jahren um Menschen mit einer Behinderung und ihre Angehörigen. Hier werden diese beraten und unterstützt. Zur Lebenshilfe Stuttgart gehören, ebenso wie bei Caritas und Diakonie, auch eigene Einrichtungen wie eine inklusive Kindertagesstätte, ein großes Angebot über besondere Arbeits- und Betreuungsplätze und Wohnformen,  vielerlei Freizeitangebote und ein eigener Pflegedienst. Die gute Vernetzung von Caritas, Diakonie und Lebenshilfe kann bei der Suche nach geeigneten Einrichtungen für die Kinder und Jugendlichen sehr nützlich sein. Ein weiterer Ansprechpartner für die häusliche Pflege ist der Verein „Häusliche Kinderkrankenpflege e.V.“.

Struktur im Alltag

Besonders wichtig ist gerade bei Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigungen, dass sie den Tag in einer Kindertagesstätte oder Schule verbringen, die ihrem Leben eine Struktur gibt. Je nach Grad der Behinderung wird dadurch auch ihre Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefördert. Doch es gibt lange Wartelisten in den Einrichtungen und nicht für jeden besonderen „Wunsch“ gibt es auch den richtigen Platz.

Selbst wenn ein passender Platz in einer Tageseinrichtung gefunden wurde, sind die Kinder in der Regel nachmittags wieder zuhause und benötigen die Betreuung durch ihre Eltern. So wie der am FoxG1-Syndrom leidende Robin, der aufgrund einer Genmutation unter anderem nicht lange sitzen kann und für den eine Schulwoche mit fünf Tagen meist zu viel ist. Da die Pflege von Robin nicht ganz leicht zu handhaben ist, konnte seine Mutter lange Zeit keine kompetente Unterstützung für zuhause finden. Glücklicherweise hat sich dann eine Freundin bereiterklärt, sich für das wenige zur Verfügung stehende Geld ein paar Stunden in der Woche um den Jungen zu kümmern, damit seine Mutter auch mal mit seinem jüngeren Bruder etwas unternehmen kann. „Da musste ich schon selbst aktiv werden“, betont die Mutter, „sonst hätte ich noch heute keine Unterstützung.“

Freizeit gestalten

Wenn die Beeinträchtigung der Kinder und Jugendlichen es zulässt, sind Angebote zu Freizeitaktivitäten ein wichtiger Bestandteil zur Entlastung ihrer Familien. Die genannten Träger wie Caritas, Diakonie und Lebenshilfe Stuttgart bieten hier ein reichhaltiges Programm an, das von den betroffenen Familien sehr gut angenommen wird.

„Unsere Gruppenaktivitäten am Nachmittag oder in der altersgemischten Samstagsbetreuung sind ein sehr wichtiger Bestandteil unserer Arbeit“, erklärt Tobias Tiefensee, der bei der Lebenshilfe für den Bereich Familie-Freizeit-Begegnung zuständig ist. Leider hat auch ihm das Covid-19-Virus einen Strich durch die Rechnung gemacht und sein für 2021 geplantes Programm in Frage gestellt. Doch Tiefensee hofft, dass er diese Angebote bald wieder stattfinden lassen kann, denn viele Teilnehmende können nicht verstehen, dass sie „wegen Corona“ nicht mehr kommen dürfen. „Und auch die Eltern bemerken, wie sehr ihrem Kind der Austausch in einer solchen Gruppe fehlt und sie selbst, wegen der Schulschließungen, kaum noch Entlastung haben“, so Tiefensee.

Pflegeplätze für Kinder

Falls die Eltern selbst krank werden oder auch einfach mal eine Auszeit von ihrem durchaus harten Pflegejob zuhause benötigen, müssen ihre pflegebedürftigen Kinder zur Überbrückung in ein Pflegeheim. Doch viele Pflegeeinrichtungen sind nicht auf Kinder ausgerichtet, sondern auf die Bedürfnisse von Senioren abgestimmt. Die Familie von Robin hat sehr gute Erfahrungen gemacht mit einer Kurzzeitpflege im Stuttgarter Hospiz, wo sich die Betreuer sehr um ihren Sohn bemüht haben.

„Aber es hat lange gedauert, bis wir da mal einen Platz für eine Woche Pflege bekommen haben“, erinnert sich Robins Mutter. Ähnlich erging es ihr im Kindergästehaus der Caritas, wo es ebenso lange Wartelisten für einen Kurzzeitpflegeplatz gibt. Zur Regeneration für die ganze Familie mit schwer behinderten Kindern ist auch die Familienherberge Lebensweg in Illingen-Schützingen eine gute Adresse.