Mehr Humor in der Erziehung

Humor kann manch schwierige Lebenssituationen entschärfen. Es ist eine Haltung, die helfen kann, Spaß zu haben und den Alltag zu meistern, auch dann, wenn er sich verrückt anfühlt.
Lachen macht Spaß. Lachen macht hübsch und gesund. Und Lachen bringt uns Glück. Sind wir erst mal mit uns selbst zufrieden, sind wir auch in der Lage, gelassener Kinder zu erziehen. Klingt logisch, wenn uns aber nicht nach Lachen zu Mute ist, haben wir nichts davon. Und wenn alle unsere Kinder gleichzeitig bocken, fällt uns echt kein Witz mehr ein.
Doch der Zug ist nicht abgefahren, mit ein paar Anregungen kann man sich ein bisschen Heiterkeit angewöhnen. Dr. Wolfgang Krüger ist Autor und psychologischer Psychotherapeut mit eigener Praxis seit bald 40 Jahren. In seinem Buch „Humor für Anfänger und Fortgeschrittene“ nennt er Humor „den wichtigsten Schlüssel zu unserem Lebensglück“ und stellt ein Humorprogramm vor, das helfen kann, einen Lebenshumor zu entwickeln, der auf innerer Stärke beruht. „Nur so sind wir in der Lage, Abstand zu den massiven Kränkungen und Enttäuschungen einzunehmen und die meist unfreiwillige Komik des Lebens zu sehen“, erklärt er.
Buchtipps:



Wolfgang Krüger:
Humor für Anfänger und Fortgeschrittene,
Books on Demand, 2018,
ISBN: 978-3-7460-3608-3
Béa Beste:
Erziehen ist ein Kinderspiel:
8 geniale Strategien für ein Familienleben voller Humor und Leichtigkeit.
Georg Thieme,
Trias, 2020,
ISBN: 9783432110660
Jens Oliver Krüger:
Pädagogische Ironie - Ironische Pädagogik.
Diskursanalytische Untersuchungen.
Ferdinand Schöningh, 2011,
ISBN: 978-3506770622
Mit Humor erziehen
Es ist übrigens bewiesen, dass Humor auch eine überzeugende Wirkung hat, also sollten wir Eltern auf jeden Fall versuchen, mit Humor zu erziehen, aber wie? „Ich bin durchaus der Überzeugung, dass Eltern gelegentlich erziehen müssen, indem sie Grenzen setzen, auf Gefahren hinweisen und auf die Einhaltung von Verabredungen achten. Aber dies passiert immer im Rahmen von Beziehung. Und damit rückt natürlich auch die Persönlichkeit der Eltern in den Fokus“, sagt Krüger. Also müssen wir Eltern erst einmal unsere eigene Basis stabilisieren, bevor wir an den Kindern „herumfeilen“.
„Wenn wir anfangen, uns zu sehr über die Kinder zu ärgern, sollten wir uns immer fragen: Wie geht es mir, bin ich glücklich, wie geht es mir in meiner Partnerschaft. Wir sollten uns immer mehr an dem eigenen Leben, nicht zu sehr an dem der Kinder abarbeiten“, rät Krüger. Mit dem sogenannten Lebenshumor könnte uns das besser gelingen. Denn unsere Beziehungen würden vor allem an mangelndem Humor scheitern. „Und schließlich gewinnen wir durch Humor eine innere Souveränität, auch wenn wir den Eindruck haben, dass die Welt verrückt ist“, so Krüger.
Niemand ist unfehlbar
„Die Beziehung mit Kindern gelingt nur, wenn Eltern auch über sich selbst lachen können, wenn ihnen klar ist, dass sie selbst Fehler machen, dass sie nicht unfehlbar sind. Und wichtig ist, dass sie sich daran erinnern, dass sie selbst einmal Kinder waren und genauso mutig, gelegentlich schwierig und verrückt wie die eigenen Kinder. Dann können sie sich besser in die eigenen Kinder hineinversetzen.“ So können wir eher schmunzeln, wenn uns vorgeworfen wird, die nächste Mathearbeit wird platzen, weil wir unsere Kinder zwingen, die Spülmaschine auszuräumen.
Vergessen wir aber, dass wir als Kinder die Dinge womöglich ähnlich sahen, könnte so eine Argumentation uns die Laune verderben. Krüger erklärt, wie es sich damit im Alltag verhält. „Es macht einen großen Unterschied, ob die Situation irgendwann eskaliert - so dass ich mit Stubenarrest, mit Internetverbot arbeiten muss. Oder wenn ich mit mehr Gelassenheit, auch mit Humor die Situation kommentiere. Es verschafft eine andere Stimmung, wenn ich einem Kind humorvoll sage: Wenn es einen Preis für Chaos in der Stube gibt, Du wärst der Anwärter für den Hauptgewinn ...
Ich könnte dann aber auch laut werden, aus meinem Gefühl der Ohnmacht, das Kind als faul beschimpfen und drohen, es würde in den nächsten Wochen kein Taschengeld bekommen.“ Bei allen Vorteilen des Humors sollten wir jedoch nicht unseren Realitätssinn verlieren. Das wäre ein schädlicher Humor - mahnt Krüger - und wir sollten dabei aufpassen, nicht in einen flachen Humor zu verfallen, bei dem jeder über alles und jedes lacht.
Und wie geht das in der Praxis?
Theoretisch alles klar, doch wie kriegen wir in der Praxis die Kurve dahin? Manchmal scheint es, je älter die Kinder werden, desto härter werden die Bandagen im Streit. Wir Eltern würden unsere Zweifelsfragen besser meistern, wenn wir uns bewusst für eine Leichtigkeit entscheiden, meint Béa Beste. Sie stellt in ihrem Buch „Erziehen ist ein Kinderspiel“ verschiedene Erheiterungsstrategien vor, die zu einem Familienleben voller Humor und Leichtigkeit verhelfen können. Gute Laune brauche oft eine Entscheidung für gute Laune, sagt sie und gibt „kreative Brücken“ für gute Stimmung im Alltag.
Eltern können sich ruhig mal eine unerwartete Albernheit, Tanz oder Musik erlauben. Zum Beispiel in einer ausgedachten Sprache schimpfen. Oder sogar mit einer roten Clownsnase die Distanz zu den Kindern kürzen, um so einen weniger verbissenen Ausgang aus einer Streitsituation zu erreichen. Sie ermutigt dazu, Routinen zu brechen oder gar Regeln und das „Schöne“ zu suchen und zu benennen. Zum Beispiel in einem „Glücksglas“ gemeinsam schöne Erinnerungsstücke aus dem Familienleben sammeln. Dann in einem „magischen Moment“ diese Glückssammlung gemeinsam anschauen und sich daran bereichern. Viele Albereien können in einem wirklichen Ernstfall von Depressionen nicht helfen, sagt die Autorin.
Humor, nicht Ironie
Und nicht alle Erheiterungsstrategien funktionieren bei jedem Kind. Hier sei Empathie gefragt. Ganz wichtig, man dürfe Humor nicht mit Ironie und Sarkasmus verwechseln. Humor soll allen Beteiligten Spaß machen und Ironie und Sarkasmus können verletzen. Die Grenze dazwischen ist aber fließend, wer es witzig meint, darf sie nicht überschreiten.
Jens Oliver Krüger ist Professor für Allgemeine Pädagogik an der Universität Koblenz-Landau und hat sich mit der Ironie aus einer erziehungsphilosophischen Perspektive beschäftigt, dabei geriet auch der Humor in seinen Blick. In seiner Publikation „Pädagogische Ironie - Ironische Pädagogik“ wird klar: „Im Gegensatz zur Ironie scheinen Ernst und Humor in pädagogischen Zusammenhängen nicht nur akzeptiert, sondern oft sogar erwünscht zu sein. Eine kompromisslos ernsthafte, aber humorlose Erziehung wird allerdings ebenso kritisch beurteilt wie ein humorvolles, aber nicht ernsthaftes pädagogisches Handeln.“ In seinem Werk zitiert Krüger berühmte Köpfe der Pädadogik – vollständig verteufelt wird die Ironie nicht, denn: „Es finden sich auch Quellen, in denen die Ironie in positiverer Funktion Erwähnung findet.“ Ist es demnach eine gute Idee, mit Humor zu erziehen?
Wie kommt Humor bei den Kindern an
„Wer sich selbst im Erziehen zu ernst nimmt, riskiert, blind für die Sichtweisen und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen zu werden. Humor kann im Erziehungskontext durchaus hilfreich sein und zum Beispiel in einer verkrampften Erziehungssituation für Entspannung sorgen“, so der Pädagoge. „Eltern oder Lehrkräfte, die humorvoll sprechen, müssen sich darüber Gedanken machen, wie ihr Humor bei Kindern ankommt. In der pädagogischen Literatur wird wiederkehrend darauf hingewiesen, dass humorvolle Äußerungen verständlich und verständnisvoll zugleich sein sollten. Verständlichkeit ist wichtig, da eine humorvolle, aber unverständliche, Äußerung zu Irritationen im Erziehungsprozess führen kann. Verständnisvoll sollen Eltern und Lehrkräfte handeln, um zu signalisieren, dass sie Kinder und Jugendliche ernstnehmen“, erklärt Krüger. Es solle dabei nicht der Eindruck entstehen, dass man sich über denjenigen/diejenige, mit dem/der man spricht, lustig macht. Das Problem bestehe allerdings darin, dass sich häufig nicht präzise voraussagen lässt, wie Humor bei der/dem Anderen ankommt, so Krüger. Dies würde umso besser funktionieren, je mehr man bereit ist, sich auf die Sichtweise von Anderen einzulassen.
Wollen wir Eltern also mit Witz erziehen, müssen wir zunächst an uns selbst arbeiten. Wer es lustiger und einfacher haben will, sollte sich und das Leben nicht zu ernstnehmen, aber seine Kinder schon. Dabei könnten wir versuchen, mehr Humor in die Be- und Erziehung zu bekommen. Damit das gut gelingt, müssen wir in erster Linie über uns selbst lachen können, niemanden auslachen und nicht glauben, dass wir, nur weil wir witzeln, nett und gut genug sind und damit bitte endlich die Erziehung frohlockend von der Hand geht. Das wäre ja gelacht.