Zu sehen ist die cartoonistische Darstellung einer Familie vor blauem Hintergrund, neben der eine Spritze und Impfmittel steht.

Masern-Impfpflicht für alle Kinder und deren Betreuer

01.01.2020

Im Juli beschloss das Bundeskabinett das Masernschutzgesetz. Alle Kinder müssen ab März 2020 beim Eintritt in die Schule, in den
Kindergarten oder bei der Betreuung durch Tagesmütter die von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Masern-Impfungen vorweisen.

Erzieher, Lehrer, Tagepflegepersonen und Personal in Gemeinschafts- oder medizinischen Einrichtungen (soweit nach 1970 geboren) sind ebenfalls dazu verpflichtet. Asylbewerber und Flüchtlinge müssen den Impfschutz vier Wochen nach Aufnahme in eine Gemeinschaftsunterkunft durch Impfausweis nachweisen. Auch Kinder, die bereits eine Einrichtung besuchen, müssen ihn bis zum 31. Juli 2021 vorzeigen. Wurde die Krankheit schon durchlitten, kann sie vom Arzt nachgewiesen werden. Sonst muss man mit Bußgeld rechnen. Dieses kann auch gegen Tagesstätten verhängt werden, die nicht geimpfte Kinder zulassen. Kinder und Personal können vom Besuch (beziehungsweise der Tätigkeit) im Kindergarten ausgeschlossen werden.

Professor Christian von Schnakenburg vom Klinikum für Kinder und Jugendliche Esslingen kommentiert für Luftballon: „Die meisten Impfungen werden von den niedergelassenen Ärzten durchgeführt, sie sind dafür zuständig und stehen für individuelle Impffragen zur Verfügung. Mir als Klinikarzt ist es ein Anliegen, dass man die Frühgeborenen auch rechtzeitig impft, denn das ist besonders wichtig.“ Da die Masernimpfung eine Lebendimpfung ist, sollte man sie nicht durchführen, wenn jemand in der engen Familie eine Abwehrschwäche,
sei es durch eine onkologische Erkrankung oder einen angeborenen Immundeffekt hat. Diese Fälle sollten mit dem zuständigen Arzt besprochen werden, so von Schnakenburg. Kinder und Erwachsene, die bisher keine Impfung hatten, können diese unbesorgt nachholen. „Grundsätzlich können alle Impfungen nachgeholt werden. Man muss natürlich den Impfstoff dem Alter anpassen“, erklärt von Schnakenburg.

Ein Teddybär hält eine Sprize im Arm.

Ziel 95 Prozent


Das Gesetz versucht, den so genannten Herdenschutz zu erreichen - wenn 95 Prozent der Bevölkerung geimpft sind, werden dadurch auch die restlichen fünf Prozent (die zum Teil aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können) geschützt. Bis jetzt seien es zwischen 90-92 Prozent, so von Schnakenburg. Es bestehe aber Aufklärungsbedarf. Manche würden der Ständigen Impfkommission nicht trauen, es kursieren Gruselgeschichten, Impfgegner argumentieren mit wissenschaftlichen Beweisen. Allerdings: „Die Autoren dieser Studien wurden absolut widerlegt und diese Publikationen wurden zum Teil zurückgezogen“, sagt von Schnakenburg. Auch das Ar-gument der Impfgegner, es sei gut für den Körper, die Krankheit durchzumachen, ist mit Vorsicht zu genießen. „Wenn einer von 1.000 Patienten mit Masern eine schwere und letztlich immer tödliche Hirnkomplikation bekommt, fragt man sich, was das Gute daran sein soll“, erklärt er.
Momentan ist noch unklar, wer die Impfpflicht überwacht. „Das Gesetz hat den Konflikt zwischen der ärztlichen Schweigepflicht und der Impfpflicht nicht gelöst“, meint von Schnakenburg. Es gibt noch keinen Einzelimpfstoff gegen Masern. Patienten, die nur ihrer Masern-Impfpflicht nachkommen, aber keine andere Impfung erhalten möchten, hätten es schwer. Trotz dieser Fragen soll das Gesetz
im März in Kraft treten.