
Kampfsportarten für Kinder: Spaß, Disziplin und Selbstbewusstsein durch asiatische Kampfkünste
Kampfkünste sind zwar vielfältig und absolut verschieden, doch sie haben eines gemeinsam: Sie machen viel Spaß. Gerade Kinder können bereits in jungen Jahren die ersten Übungen ausprobieren. Spätestens seit dem amerikanischen Kult-Film Karate Kid aus 1984 – inklusive der Neuauflage 2010 – sind die asiatischen Kampfkünste als Sport für Kinder in den westlichen Köpfen verankert. Etwas aktueller sind wohl die animierten Filme rund um den Kung-Fu Panda, die die Kampfkunst zurück auf die Mattscheibe und damit in die Kinderzimmer brachten. Judo, Karate oder doch lieber Aikido? Die Auswahl an Kampfsportarten ist groß.
Training für Körper und Geist
Darum profitieren auch Kinder davon, wenn sie eine Kampfsportart lernen. „Das Zusammensitzen in der Gruppe, zu wissen, wo die Grenzen sind und trotzdem Spaß an der Sache zu haben, das lernen Kinder in der Kampfkunst. Auch, dass es Regeln gibt, die befolgt werden müssen“, erzählt George Appiah von der Vovinam Akademie Stuttgart.
Im Kampfsport stärken Kinder Körper und Geist, sie trainieren ihre Muskeln und verbessern Körpergefühl und -spannung. Außerdem werden sie selbstbewusster und lernen, sich zu behaupten, aber auch, ihren Trainingspartnern zu helfen, andere zu respektieren und höflich zu behandeln.
Spaß vor Leistung
In Stuttgart und Region gibt es zahlreiche Sportvereine und -schulen, die besondere Kurse für Kinder anbieten. In manchen lernt der Nachwuchs von Anfang an dieselben Techniken wie erwachsene Anfänger, in anderen tasten sie sich nach und nach spielerisch an die Übungen heran. Um die richtige Einrichtung zu finden, sollten Eltern alles genau unter die Lupe nehmen: Geht es im Unterricht nur um die Leistung oder auch um den Spaß an der Bewegung? Und sind die Gruppen nach Altersstufen und/oder Gewichtsklassen getrennt? Die meisten Schulen bieten Unterricht für Kinder ab fünf oder sechs Jahren.
Erst ausprobieren
Aber längst nicht jede Kampfsportart passt zu jedem Kind, teils, weil sie aus gesundheitlichen Gründen manche Übungen nicht ausführen können, teils weil ihnen manche Sportarten einfach nicht liegen. So sind ruhige Kinder, die nicht viel von harten und schnellen Angriffen und Stößen halten, eher in defensiven Kampfsportarten wie Aikido richtig. Anderen liegt vielleicht das energischere Karate im Blut. In Schnupperkursen kann der Nachwuchs darum erstmal eine Kampfsportart ausprobieren. Dabei haben sie die Qual der Wahl unter zahlreichen Richtungen.
Welche Kampfkünste ist für mein Kind das Richtige?
- Hilfreich ist, sich mit dem Kind zu beraten, was es eigentlich möchte: Wettkämpfe bestreiten und gegeneinander antreten oder eher für sich selbst trainieren?
- Wie weit möchte ich maximal fahren?
- Angebotene Schnupperkurse besuchen
- Ruhig mehrere Anbieter und Kampfkünste ausprobieren, damit das Kind aktiv vergleichen kann
- Spaßfaktor: Nur wenn es Spaß macht, wird das Kind regelmäßig trainieren wollen
Chinesische Kampfkünste

Kung Fu
Kung Fu ist der Ursprung zahlreicher asiatischer Kampfsportarten. Kung Fu geht wohl auf die Mönche der Shaolin-Klöster zurück, die aus den ursprünglich gymnastischen Übungen Kampfprinzipien entwickelten. Die Elemente Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser spielen eine große Rolle; zum Beispiel symbolisiert im Kampf ein Stock das Holz oder eine Faust die Erde. Es gibt verschiedene Stile, die sich in Würfen, Drehungen, Sprüngen und mehr unterscheiden und je nachdem für Kinder mehr oder weniger geeignet sind. Grob übersetzt bedeutet Kung Fu „hart an sich arbeiten“, es geht darum, sich körperlich und geistig weiterzuentwickeln. Kinder werden durch regelmäßiges Training selbstbewusster, sie steigern ihre Fähigkeiten und ihre Konzentration.
Wing Chun
Wing Chun ist ein spezieller Kung-Fu-Stil, der im frühen 19. Jahrhundert entstanden ist. „Mich persönlich begeistert der Weg, dass man nie aufhört, was dazu zu lernen und besser zu werden im Kung Fu. Man lernt sein Leben lang und verbessert sich immer mehr“, erklärt SiHing Bomsdorf, Leiter und Trainer des Shaolin Centers in Stuttgart. Das Training kann Kindern helfen, ruhiger, konzentrierter und auch lernfähiger zu werden. Es stärkt zudem den Willen und fördert innerliche Ruhe, Konzentration und das Selbstbewusstsein.
WingTsun
Das WingTsun Kung-Fu baut auf dem vorhandenen Potential der Schüler auf. Nicht Muskelkraft und Kondition sind die Voraussetzungen für WingTsun, sondern die Bereitschaft, sich auf seinen Körper einzulassen, seine Stärken kennenzulernen und zu nutzen. „Unsere Schüler lernen hier Selbstsicherheit, Selbstvertrauen, Selbstverteidigungsfähigkeit, positivere Einstellung gegenüber ihrem Körperbewusstsein“, sagt Jörg Wiggershaus, freiberuflicher Lehrer für die Asiatische Kampfkunst Wing Tsun.
Japanische Kampfkünste (Budo)
Aikido

Aikido trainiert Geist und Körper und schult Koordination, Aufmerksamkeit und Reaktion. Durch Ausweichen, Weiterführen, Fixieren kann auf verletzendes Stoßen, Schlagen oder Treten verzichtet werden. Statt Angriffsmustern mit harten Schlägen und Tritten lernen Kinder Hebel-, Wurf- und Haltetechniken, um den Gegner abzuwehren oder zu sichern. Aikido setzt auf den gewaltfreien Umgang mit Konflikten und ist deshalb ideal für schüchterne und eher zurückhaltende Kinder. Das Ziel: den Gegner in eine Situation bringen, in der er wieder zur Ruhe kommt. Anders als bei den meisten Kampfsportarten gibt es bei Aikido keine Wettkämpfe.
Diese Kampfkunst ist aus Sicht von Udo Schill von der Aikido Ki Society Stuttgart gut für Kinder: „Das zwischenmenschliche Verhalten wird verändert in Richtung einer nicht-konfrontativen Haltung.“ Claudia Zonta, MTV Stuttgart 1843 e.V., sieht das ähnlich: „Im Vordergrund steht die Lust am Bewegen, nicht die Prinzipien: höher, schneller, besser. Wir lernen uns und unseren Körper kennen, wir schulen unseren Geist.“
Karate
Bei Karate denken die meisten sofort an den Karateka (so heißt ein Karatekämpfer), der einen Stapel Ziegelsteine mit der bloßen Hand zerschlägt. Es steckt aber viel mehr dahinter: Karate ist Selbstverteidigung mit ganzem Körpereinsatz. Stöße, Schläge und Tritte sind typisch, wobei die Karatekas Fuß- und Faustschläge vor dem Auftreffen stoppen. Größe und Stärke sind zweitrangig. Wichtiger sind Schnelligkeit und Geschicklichkeit. Darum ist Karate auch für Kinder geeignet, sie trainieren Kraft und Konzentration.
Karate heißt eigentlich „Karate-Do“, das bedeutet „der Weg der leeren Hand“. Diese Leere ist zugleich auch ein ethischer Anspruch an die Kämpfenden, die auch der Deutsche Karate Verband e.V. in seiner Definition von Karate aufführt: „Danach soll der Karateka sein Inneres von negativen Gedanken und Gefühlen befreien, um bei allem, was ihm begegnet, angemessen handeln zu können […].“ Der Verband sieht das Ziel in der Entwicklung und Entfaltung der eigenen Persönlichkeit.
Judo

Der Begründer der Kampfkunst Kano hatte im Sinn, mit Judo durch die mentale und auch körperliche Auseinandersetzung zweier Menschen deren Persönlichkeit zu entwickeln. Dadurch lehrt das Judo nicht nur verschiedene Techniken, sondern hat zudem ein großes erzieherisches Potenzial. Diese zehn Werte fasst der Deutsche Judobund zusammen: Höflichkeit, Hilfsbereitschaft, Ehrlichkeit, Ernsthaftigkeit, Respekt, Bescheidenheit, Wertschätzung, Mut, Selbstbeherrschung und Freundschaft.
Passend zum Judo-Motto „Siegen durch Nachgeben“ ist Judo eine defensive Art der Selbstverteidigung. Das Ziel ist, die Kraft des Gegners zu nutzen, umzulenken und ihn so aus dem Gleichgewicht zu bringen. Wenn der eine seinen Gegner zieht, stößt ihn beispielsweise der Angegriffene. Judokämpfer setzen vor allem auf Wurf-, Fall- und Bodentechniken und versuchen, sich gegenseitig zu Fall zu bringen. Darum lernen Schüler von Anfang an, wie man fällt, ohne sich zu verletzen. Darüber hinaus gibt es im Judo viele spielerische Elemente, die ideal für Kinder sind.
Ninjutsu
Wie die Ninja-Turtles mit zahlreichen Wurf-, Schlag- oder Hebeltechniken durch die Gegend wirbeln – das lernen Kinder im Ninjutsu. Ninjutsu dreht sich im Kern um die Entwicklung des eigenen Geistes. Dabei ist es gerade das ganzheitliche Verständnis der Kampflust, die es einem im Training ermöglicht, die körperliche Leistungsfähigkeit und zudem das eigene Wohlbefinden zu steigern. „Gerade für Jugendliche ist Kampfkunst ein wertvolles Mittel, um das Körperbewusstsein zu fördern, die eigenen Grenzen erstmal kennenzulernen und dann schrittweise zu erweitern“, heißt es auf der Website der Ninjutsu-Akademie-Stuttgart.
Die japanische Kampfkunst setzt sich aus verschiedenen Stilen zusammen, die unterschiedliche Kampf- und Selbstverteidigungstechniken beinhalten, teils mit, teils ohne Waffen. Ninjas (das sind Ninjutsu-Kämpfer) lernen, diese je nach Situation einzusetzen. Wörtlich übersetzt heißt Ninjutsu „die Kunst des Erduldens“. Im Ninjutsu lernen Kinder auch Geduld, Ausdauer und Disziplin.
Weitere Kampfkünste
Taekwon-Do
Der Name der koreanischen Kampfkunst setzt sich zusammen aus den Silben für Fußtechnik tae, Handtechnik kwon und Weg do. Es kommt vor allem auf Schnelligkeit und Dynamik an, bei der Ausübung dominieren Fußtechniken.
Harte Stöße und Schläge mit Fuß und Faust bestimmen den Kampfsport. Auf den ersten Blick mag Taekwon-Do Karate ähneln, es gibt aber mehr Sprünge und Wendungen. Taekwon-Do hilft, das innere Gleichgewicht zu finden, und Stress abzubauen. Es wird oft mit verschiedenen Schwerpunkten angeboten.
„Mit unserem Programm lernen die Kleinen spielerisch Disziplin, Regeln, Verhaltensweisen und Höflichkeit. Wir fördern den Familiensport und bieten gemeinsame Trainingseinheiten für Eltern und Kinder an“, erklärt JUNGDO Taekwondo Stuttgart auf der Website.
Krav Maga
Der Begriff Krav Maga stammt aus dem Hebräischen und wird mit „Kontaktkampf“ übersetzt. Wobei Krav „Kampf“ und Maga „Kontakt bedeutet“. Ursprünglich wurde es von israelischen Sicherheitskräften entwickelt beziehungsweise von Imrich Lichtenfeld, der in den 1930er Jahren die ersten Kampfmethoden des Krav Maga lehrte. „Kinder lernen bei Krav Maga einfache und schnell erlernbare Techniken, die sie beispielsweise bei Mobbing oder Gewalt in der Schule zum eigenen Schutz oder zum Schutz anderer anwenden können“, sagt Panagiotis Rizos, Inhaber und Trainer von Krav Maga Kompakt. Es steigert so gezielt das Selbstbewusstsein der Schüler. Krav Maga ist seinem Selbstverständnis nach aber kein Sport, sondern ein reines Selbstverteidigungssystem.
Vovinam
Vovinam stammt aus Vietnam und vereint Elemente verschiedener Kampfkünste wie Karate, aber auch Ringen in sich. Es basiert auf der Ying und Yang-Philosophie: Der Kämpfer sucht die Harmonie von Angriff und Verteidigung, die Bewegungen sind hart, dann wieder weich und geschmeidig. Fuß- und Handtritte gehören genau wie Abwehrtechniken und Fallübungen zum Training, mit dem Ziel, die Kraft des Gegners für sich zu nutzen. Für Fortgeschrittene ist auch das Training mit Waffen möglich, ältere Kinder üben mit langen Stöcken. (Vovinam Academy Stuttgart)
Capoeira
Die brasilianische Kampfkunst ist eine Art Spiel aus Kampf, Musik und Tanz. Während zwei kämpfen, stehen die anderen in einem Kreis, der Roda, um sie herum, schauen zu, klatschen oder machen Musik. Zuschlagen, ausweichen, hohe Sprünge, Drehtritte, schnelle Kreisbewegungen und fließende Bewegungen prägen das Bild. Die Musik bestimmt den Rhythmus des „Tanzes“. Capoeira fördert Wahrnehmung und Konzentration, Schnelligkeit, Ausdauer und Kraft, aber auch die Musikalität von Kindern: Sie lernen, das Capoeiraspiel mit Instrumenten und Liedern zu begleiten. (Capoeira Stuttgart e.V.)
Ju-Jutsu
Fall-, Abwehr- und Angriffsbewegungen – Ju-Jutsu vereint Elemente verschiedener Kampfsportarten in sich und ist deshalb für zahlreiche Altersgruppen und auch für Kinder geeignet. Wie bei den meisten asiatischen Kampfsportarten ist nicht Kraft, sondern vor allem Technik gefragt. Das Ziel: durch Nachgeben oder Ausweichen die Kraft des Angreifers für sich zu nutzen.