Gelassener Umgang mit Kindern ab 5 Jahren

Kannst du dafür ein Beispiel geben?
Jeder kennt die Situation, dass Kinder oftmals nur widerwillig den Fernseher ausschalten. Manchmal reagieren Kinder im Wackelzahnalter mit Aggression. Die Impulskontrolle befindet sich im präfrontalen Cortex, einem Teil des Gehirns, der bei Kindern noch nicht vollständig ausgereift ist. Durch langes Fernsehen gerät er in einen Ruhemodus. Wenn wir dann als Erwachsene dazwischen gehen und den Fernseher ausschalten, können die Kinder sich schlechter als gewohnt selbst regulieren. Besser funktioniert es, wenn wir mit den Kindern eine bestimmte Zeit oder eine Anzahl von Serienfolgen ausmachen.
Außerdem macht es Sinn, die Kinder selbst ausschalten lassen, denn dann haben sie nicht das Gefühl des Kontrollverlusts. Wenn man sich solche Zusammenhänge bewusst macht, fällt es als Eltern wahrscheinlich leichter, sich durch das Verhalten des Kindes nicht provoziert zu fühlen.
Gibt es DEN Tipp, den du Eltern an die Hand geben würdest?
Es gibt viele Themen, die wichtig sind, zum Beispiel das Loslassen. Jeder kennt sicherlich das Gefühl, dass man als Mutter oder Vater innerlich an die Decke geht, wenn man meint, das eigene Kind sei bei einem Streit ungerecht behandelt worden. Fragt man das Kind aber, ob man sich einmischen und beispielsweise mit dem Lehrer oder einem anderen Kind reden soll, will das Kind unsere Einmischung meist gar nicht, sondern es will den Konflikt lieber selbst lösen.
Wir überschreiten mit unserem Verhalten oftmals ganz unbewusst die Grenzen der Kinder. Ab und zu müssen wir uns selbst zurückpfeifen. Es geht um Begleitung, aber nicht um Kontrolle.
Buchtipp:
Laura Fröhlich: Wackelzahnpubertät – Gelassen durch die 6-Jahres-Phase, humboldt Hannover 2020, ISBN 978-3-8426-1610-3, 19,99 Euro
Laura Fröhlich ist Journalistin, Autorin und Bloggerin. Als „Mutter mit großem Herz und schwachen Nerven“ ruft sie bei heuteistmusik.de zu Solidarität unter Müttern auf und plädiert dafür, sich von Perfektionismus und gesellschaftlichem Druck zu lösen. Aber sie beschäftigt sich auch mit Erziehungsthemen.
Sie hat einen Ratgeber geschrieben, wie wir mit unseren Kindern entspannt durch die „Wackelzahnpubertät“ kommen, die Kinder im Alter zwischen fünf und zehn Jahren durchmachen. Sie berichtet von ihren eigenen Erfahrungen, holt aber auch Fachleute ins Boot wie die Medienexpertin Patricia Cammarata oder die Pädagogin Dr. Isabel Gößwein.
Dein Buch passt gut in das breite Spektrum an Eltern-Ratgebern zur bindungs- und bedürfnisorientierten Elternschaft. Was ist das Besondere an deinem Buch?
Ich habe besonders darauf geachtet, Eltern nicht in erster Linie ein schlechtes Gewissen zu vermitteln, sondern einen ehrlichen Ratgeber aus der Sicht einer dreifachen Mutter zu schreiben. Auch ich mache Fehler. Thematisch ist das Buch ein Rundumschlag, vom angemessenen Umgang mit Kindern im Wackelzahnalter zu Themen wie Aufklärung oder den Umgang mit Medien. Ich denke, wenn die Eltern verstehen können, was hinter dem veränderten Verhalten ihrer Wackelzahn-Kinder steckt, fällt es ihnen leichter, angemessen zu handeln.
Wie verändern sich Kinder im Wackelzahn-Alter, also ab circa 5 bis 7 Jahren?
Sie sind durch anstehende Veränderungen wie den Schuleintritt oder die diffusen Erwartungen aus dem Umfeld stark verunsichert. Das äußert sich in ständigen Diskussionen mit den Eltern und empfindsamen Reaktionen wie Wut oder Schüchternheit. Einerseits wollen sie selbständig sein, andererseits sind sie doch noch Kinder, die viel Zuneigung brauchen.
Eigentlich verhalten sich die Kinder ähnlich wie in der Pubertät. Der Unterschied ist nur, dass das Verhalten nicht aus einer hormonellen Umstellung resultiert. Ich versuche, Eltern auch die Perspektive der Kinder zu vermitteln, um Missverständnisse zu vermeiden und Kompromisse zu ermöglichen.
