In einer Ära, in der ChatGPT und künstliche Intelligenz den Ton in unserer digitalisierten Welt angeben, stellt sich die faszinierende Frage: Bereichern uns diese smarten Konversationstalente oder lassen sie uns lediglich intellektuell verkümmern? Die Antwort mag nicht nur in der Technologie selbst liegen, sondern auch in der Art und Weise, wie wir als Gesellschaft mit diesen innovativen Entwicklungen umgehen. Was können wir Erwachsene Heranwachsenden mitgeben, damit sie Chatbots positiv für sich nutzbar machen können?

Diese Einleitung habe ich von Chat GPT erstellen lassen. Ich gehöre zu den Menschen, die bis vor kurzem noch einigermaßen unerfahren waren, was den Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) angeht. Jedoch muss ich sagen, dass ich innerhalb kürzester Zeit Spaß daran gefunden habe, mich mit Chat GPT zu unterhalten und in bestimmten Bereichen um Unterstützung zu bitten. Die Inhalte, die mir angeboten werden, sind längst nicht immer so, wie ich sie mir vorgestellt habe. So musste ich, um die obige Einleitung für diesen Artikel zu erhalten, immer wieder nachfragen und in bestimmten Bereichen um eine Korrektur bitten. Möglich sind Eingaben wie „Kannst du mir für den letzten Satz eine Alternative anbieten“ oder „Was meinst du genau, wenn du XY schreibst“. Und gerade das ist das Faszinierende, dass man sich mit dem Chatbot unterhalten kann wie mit einem Menschen. Und je präziser ich meine Eingaben im Chatfenster, die sogenannten Prompts formuliere, desto wahrscheinlicher ist es, dass ich bekomme, was ich mir vorgestellt habe. Nicht umsonst gibt es bereits den Beruf des „Prompt Engineer“, einem Spezialisten, der genau weiß, mit welchen Eingaben man die Leistungsfähigkeit der KI voll ausschöpfen kann. Viele Unternehmen nutzen längst die KI, um Prozesse oder ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern.

KI und Schule

Dass die KI im Klassenzimmer eine Rolle spielt und eine immer wichtigere einnehmen wird, ist unumstritten. Während Lehrende noch einigermaßen zurückhaltend auf entsprechende Tools  zurückgreifen, gibt es Schätzungen, dass jeder zweite Schüler zumindest schon einmal einen Chatbot ausprobiert hat. In den Köpfen sind Chat GPT und Co. oftmals als „Schummelinstrument“ abgespeichert. Dabei geht es bei der ganzen Sache eigentlich nicht darum, zu überlegen, wie man Chat GPT dazu bringen kann, einem das Denken abzunehmen oder wie man als Lehrerin Plagiate erkennen kann, sondern es geht um die Frage, wie wir alle, ob Schülerin oder Lehrer, die KI konstruktiv nutzen können. Ohne eine kritische Überprüfung des Inhalts, ohne einen Abgleich mit dem vorhandenen Sachwissen (Chatbots machen auch Fehler) und ohne durchdachte Prompts und Nachfragen bekommt man auch weniger gute Inhalte. Daher ist es wichtig, die Jugendlichen im kritischen Umgang mit der KI zu schulen.

In der Wissen2Go – Folge zu der Frage, ob Chat GPT und Co. die Schule überflüssig machen, tritt Hendrik Haverkamp auf. Er ist sowohl Lehrer an einem Gütersloher Gymnasium als auch Leiter des virtuellen Kompetenzzentrums „Künstliche Intelligenz und wissenschaftliches Arbeiten“. Er wundert sich nicht, dass Chat GPT immer wieder fälschliche Ergebnisse liefert, da der Chatbot Antworten aus Daten nach dem Zufallsprinzip generiert, mit denen er gefüttert wurde. Ein Manko ist auch, dass die Quellen jeweils unbekannt sind. Manchmal erfindet Chat GPT sogar neue Sachverhalte und „halluziniert“ dann. Haverkamp trainiert seine Schüler aus diesem Grund darin, KI-generierte Texte zu erkennen oder – je besser der Prompt, desto besser die Antworten – motiviert zum Lernen, indem er vermehrt textkritisch mit den Schülern arbeitet.

Jedoch kann die KI viel mehr Funktionen erfüllen als nur Wissen zu generieren. In einer Folge des KI-Podcasts des Cornelsen-Verlags erläutert ein Deutschlehrer aus Bayern, wie er die KI als Lernhelfer einsetzt, anhand einer Übung zur Pro-/Contra-Eröterung. Die Lernenden könnten die KI dann in einer Unterrichtsstunde eine Stoffsammlung zu einem beliebigen Thema erstellen lassen, daraus einen Aufsatz schreiben, diesen dann von einem anderen KI-Tool bewerten lassen und den Aufsatz nochmals überarbeiten. Auch schwache Schüler können so innerhalb kurzer Zeit dazulernen. Genauso gibt es Tools, die nicht nur Rechenergebnisse bieten, sondern auch Rechenwege aufzeigen oder solche, mit denen sich Lernende mit fiktiven Zeitzeugen unterhalten können und vieles mehr.

Claus Blanz, Pädagoge im Stadtmedienzentrum Stuttgart und Lehrer am Schickhardt-Gymnasium, weiß, dass momentan Datenschutzauflagen den Umgang mit der KI im Unterricht noch einschränken. Allerdings gebe es schon Plattformen wie Fobizz, die einen datenschutzkonformen Umgang mit Schülern erlauben. Auch Korrekturhilfen für Klassenarbeiten würden hier schon für Lehrkräfte angeboten. Des Weiteren solle es bald für das weit verbreitete Lernmanagementsystem „Moodle“, das an vielen Schulen verwendet wird, ein ChatGPT-Plugin geben. Er nutzt die KI auch in manchen Bereichen für die Unterrichtsvorbereitung, zum Beispiel zur Erstellung themenspezifischer Vokabellisten.

Genauso hat der Englisch- und Deutschlehrer Chat GPT schon als Lernbuddy eingesetzt, indem er Oberstufenschüler damit für die Konversationsprüfung trainiert hat. „Die Schüler können sich mit Chat GPT in der englischen Sprache genauso über den Brexit austauschen wie mit einem Lehrer. So kann jeder Einzelne gleichzeitig trainieren. Das ist im Vergleich zur ausschließlichen Konversation mit einer Person sehr effizient,“ so Blanz.                                                           

Sonnen- und Schattenseiten

Blanz macht sich durchaus auch über Schattenseiten der KI Gedanken. So sei es schon jetzt möglich, Schülertexte durch die KI beurteilen zu lassen, auch handschriftliche. Und das Ergebnis sei durchaus belastbar. Wo das eine ungeheure Erleichterung für Lehrer darstellen könne, bedeute dies auch neue Konflikte. In diesem Kontext könne es sein, dass die Urteilskraft der Lehrer mehr und mehr infrage gestellt werde. Vielleicht braucht es dann aber auch einfach die längst fällige Überarbeitung der gängigen Prüfungsformate? Müssen wir nicht ohnehin davon abkommen, dass Endprodukt zu bewerten? Sollten wir uns nicht ohnehin längst mehr auf den Lernprozess fokussieren, der nur durch die intensive Auseinandersetzung mit den Individuen erfasst werden kann?

Zudem könne es auch sein, dass die Unterrichtsverpflichtung der Lehrenden noch erhöht werde, wenn die KI den ersehnten Assistenten mit flexiblen Funktionen darstellen kann. Dabei werde aber vergessen, dass die Lehrer freigewordene Ressourcen längst dringend brauchen, um sich mehr Zeit für Themen jenseits des stoffbasierten Unterrichts zu nehmen, die nicht weniger wichtig sind. Dabei denkt er an Aktivitäten, die das Sozialverhalten im Klassenverbund verbessern oder andere Kompetenzen stärken, die die Schüler nicht unbedingt mitbringen.

Ganz davon abgesehen wird es auch einige geben, die sich das Denken vollends abnehmen lassen. Aber gerade deshalb ist es wichtig, dass wir – als Lehrer oder als Eltern – den Heranwachsenden vermitteln, dass die KI eben eher als Assistent fungiert und dass es durchaus wichtig ist, Sachverhalte selbst zu durchschauen und flexibel handeln zu können. Wir sollten so gut es geht die Wichtigkeit des sozialen und der menschlichen Interaktion in den Fokus bringen. Natürlich kann uns die KI ein hilfreicher Assistent in den verschiedensten Lebensbereichen sein. Und als solchen sollten wir sie unbedingt nutzen. Aber sie ist kein Mensch mit allen Fähigkeiten und kann zwischenmenschliche Nähe und die Auseinandersetzung mit Gleichgesinnten wohl kaum ersetzen.

Tipps & Wissenswertes