Im Mai werden sie wieder gefeiert - die Mütter und die Väter! Denn dann sind ihre „offiziellen“ Gedenktage. Immer am zweiten Sonntag im Mai ist „Muttertag“, immer an Christi Himmelfahrt ist „Vatertag“. Wir haben uns abseits von Muttertagsherz und Bollerwagentrinkgelage Gedanken über die Situation von Müttern und Vätern gemacht. Wie klappt das Zusammenspiel in der Familie? Warum bringt es nichts, ein Mal im Jahr den Müttern Respekt für deren vielfältigen Aufgaben zukommen zu lassen und warum sind „bewusste“ Väter, die ihre Vaterrolle reflektieren, aber auch einfordern, immer noch in der Minderheit?

Den Artikel "Muttersein - Das Mutterglück ist überschattet von Belastungen" findet ihr hier.

Väter sehen sich oft mit Vorwürfen der Mütter konfrontiert: Sie würden die Sorgearbeit überwiegend ihnen überlassen und sich in die Erwerbsarbeit zurückziehen. In der klassischen „Ernährer-Rolle“ blieben ihnen viele unsichtbare Belastungen des Familienlebens erspart. Und erst wenn die Frau kurz vor dem Zusammenbruch stehe, würden sie ihre Rolle innerhalb der Familie von selbst reflektieren. Was hindert Väter daran, mehr Verantwortung für die Familie zu übernehmen?

Viele Väter von heute sind in einer Gesellschaft aufgewachsen, in der Männern ganz selbstverständlich die Rolle des Versorgers zugeschrieben wurde. Bei der Haus- und Sorgearbeit helfen sie mit, genauso wie die Frau ihren kleinen Teil zum Haushaltseinkommen verdient. Sie trägt auch die Verantwortung für das Familienunternehmen, inklusive aller unsichtbaren Kleinaufgaben.

Kurz: Es muss ihnen aus ihrer Erfahrung heraus als völlig normal erscheinen, dass Frauen den großen Teil des Mental Loads tragen. Es gibt aber auch Väter, die es anders machen wollen. Die Gemeinschaft der aktiven, bewussten Väter, die in ihrer Rolle wirklich präsent sein möchte, ist allerdings viel kleiner als die der Mütter. Doch gibt es einige wenige Väterblogger und Autoren, die die Vaterrolle reflektieren und neu definieren wollen und sie letzten Endes auch anders ausfüllen.

Väter-Community

Der Autor Carsten Vonnoh unterhält den Blog „www.vaterverantwortung.de“ und ist einer von ihnen. Er ist Vater von zwei Kindern und bietet Seminare und Coachings für Väter an. Sein erstes Buch „Up to dad: Kinder entspannt begleiten und den eigenen Weg gehen“ erscheint im Juni 2021. Er möchte Väter dazu anregen, sich von erworbenen Mustern zu distanzieren und herauszufinden, welche Art von Vater sie eigentlich sein möchten. „Väter befinden sich noch am Anfang der Emanzipation. Wir benötigen sicherlich noch ein bis zwei Jahrzehnte, bis sich ein massentaugliches Grundverständnis für ein bewussteres Vatersein entwickelt hat“, so Vonnoh. Generell könne man sagen, dass Reflexionen über die Vaterrolle gegenwärtig (noch?) eher in einer bestimmten „Blase“, nämlich primär unter Akademikern und Besserverdienenden, stattfänden.

 

Auch Richard Wenner, Autor des „Papammunity“- Blogs ist ein aktiver Vater, der sich so gut es geht einbringen möchte. Er habe schon vor der Schwangerschaft angefangen, sich zu informieren und Klassiker wie „Babyjahre“ oder „Oje, ich wachse“ gelesen, um besser zu wissen, was auf ihn zukommt. „Ich kenne viele Väter, die unsicher sind, wie sie sich gegenüber kleinen Babys verhalten sollen. Dabei geht es oftmals um gar nicht so viel: Es genügt ja schon, sich auf Augenhöhe mit dem Kind zu begeben, sich zum Beispiel auf den Boden zu legen und einfach da zu sein“, so Wenner. Präsent, sichtbar und jederzeit ansprechbar können auch in Vollzeit erwerbstätige Väter sein. Dies führt auch zu mehr Souveränität und Gelassenheit mit den Kindern. Carsten Vonnoh meint, dass es nicht unbedingt an den äußeren Umständen hängt. Auch die Haltung, die Entscheidung für eine bewusste Vater-Kind-Beziehung, trage dazu bei, dass Väter mehr Verantwortung übernehmen.

Was sagen Väter zu Mental Load?

In einem Interview auf menshealth.de sagt Mental-Load Autorin Patricia Cammarata, dass Frauen oftmals sogar dann mehr Verantwortung für die Sorgearbeit übernehmen würden, wenn sie mehr erwerbstätig seien und mehr verdienen würden als der Mann. Sie hätten dann ein schlechtes Gewissen ihrem Mann gegenüber, weil das Mehrverdienen schließlich eine Männerdomäne sei. Der Anteil der Männer mit dem größeren Mental Load sei eher gering. Welcher Vater ermitteln möchte, wie er diesbezüglich abschneidet, kann auf dasnuf.de den großen Mental-Load-Test für Väter machen.

Was sagen eigentlich Väter zu dem Vorwurf, dass sie oftmals gar nicht merken würden, dass die Frau den Kopf so voll hat, dass sie kurz vor dem Burnout steht? Der Wirtschaftswissenschaftler Martin Speer war einer der Männer, die sich Anfang März beim Equal Care Day für mehr Geschlechtergerechtigkeit ausgesprochen hat. Er empfiehlt Männern, mit den Frauen unbedingt über ihre mentale Belastung zu sprechen. Männer sollten auch nicht permanent im „Sendemodus“ sein, sondern unbedingt ihrer Partnerin zuhören. Er spricht sich unbedingt auch für einen strukturellen Wandel aus, um gesellschaftliche Missverständnisse der Geschlechterrollen aufzuheben. Typische „Frauenberufe“ müssten durch ein besseres Gehalt aufgewertet und neu bewertet werden. Es könne nicht sein, dass ein Praktikant bei McKinsey mehr verdiene als eine Pflegekraft.

Maternal Gatekeeping

Generell reagieren Männer auf den Mental-Load Vorwurf nicht selten mit dem Argument des „Maternal Gatekeeping“. Der englische Begriff drückt aus, dass manche Mütter die Männer nicht an ihre vermeintliche Domäne heranlassen würden. Sie würden als Väter ja gerne mehr Verantwortung übernehmen, dürften es aber nicht. Aber was hält den Mann tatsächlich davon ab, sich mehr einzubringen? Kann er nicht einfach selbstbewusst die gleichberechtigte Teilhabe am Familienleben einfordern?

Es ist nicht zwangsläufig so, dass der oder die in Teilzeit arbeiten muss, weniger verdient. Schließlich geht es bei der Aufgabenverteilung in Paaren primär um Feinfühligkeit, gegenseitigen Respekt und Anerkennung. Ein Gespräch über die Aufteilung der Aufgaben, die Vorstellung vom Familienleben schon vor der Geburt des ersten Kindes kann gewinnbringend sein und spätere Konflikte vorbeugen. Carsten Vonnoh betont, wie wichtig es sei, die Partnerschaft nicht aus den Augen zu verlieren: „Gerade aus der Sicht eines Vaters, der aus der Richtung der bindungs- und bedürfnisorientierten Elternschaft kommt, kann ich sagen, dass nicht nur die Bedürfnisse der Kinder im Zentrum stehen. Ich würde sagen, dass jeder zunächst seine eigenen Bedürfnisse achten sollte, dann aber auch auf die des Partners/der Partnerin.“ Denn wenn das Paar sich aus den Augen verloren habe, würden auch Mental-Load-Listen nicht mehr helfen, um konstruktiv die Ungleichverteilung von Aufgaben aufzulösen.

Richard Wenner denkt, dass zudem gegenseitige Toleranz eine wichtige Rolle spielt. Partner sollten akzeptieren, dass der andere „es anders macht“. Nur wenn Väter Raum hätten, ihren eigenen Weg zu finden, würde ihre Kompetenz wachsen.

Haben es Väter leichter?

Ein Pendant zum „Mom-Shaming“ (subtile oder offensichtliche Attacken von Müttern auf Mütter bezüglich ihres Erziehungsstils, ihres Verhaltens, ihres Aussehens, ihrer Kinder) gibt es auf Männerseite deutlich seltener. Es besteht weniger Konkurrenz bei Familienthemen. Aber kann es nicht auch unangenehm sein, als Vater gefeiert zu werden, nur weil man an sich alltägliche Aufgaben übernimmt? Kommentare wie „Ah, hat der Vater auch mal das Kind!“ sind doch bei genauerer Überlegung eigentlich auch recht diffamierend oder etwa nicht?

Sachbuch

Vonnoh, Carsten: Up to dad – Kinder entspannt begleiten und den eigenen Weg gehen
erschienen im Juni 2021 (Beltz)
18,95 Euro
ISBN 978-3-407-86657-8

Blogs und Webseiten

  • www.vaterverantwortung.de, Blog von Carsten Vonnoh
  • ww.papammunity.de, Blog von Richard Wenner
  • www.vaterwelten.de, Blog von Heiner Fischer
  • www.equalcareday.de, Initiative, die auf mangelnde Wertschätzung und unfaire Verteilung von Care-Arbeit aufmerksam macht.
  • www.bmfsfj.de. Hier findet sich unter anderem „Gleichstellungspolitik für Jungen und Männer in Deutschland“. Ein Dossier zur partnerschaftlichen Gleichstellungspolitik des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
  • www.bpb.de, Dossier über die Debatte um die Care-Arbeit der Bundeszentrale für politische Bildung.