
Auszug aus dem Elternhaus: Was junge Erwachsene wissen müssen – Finanzen, Versicherungen & mehr
Das Verlassen des Elternhauses ist für viele Jugendliche ein bedeutender Schritt in Richtung Selbständigkeit und Unabhängigkeit. Doch wenn es soweit ist, gibt es neben der Beschaffung einer neuen Unterkunft einiges zu beachten. Dazu gehören auch praktische Themen wie Versicherungen, Finanzen und Alltagsorganisation.
Irgendwann ist die Ära „Hotel Mama“ vorbei. Die Kinder ziehen aus, um auf eigenen Beinen zu stehen. Der Umzugskarton ist schnell gepackt, aber damit der Übergang ins selbständige Leben reibungslos gelingt, sollten noch weitere Dinge, neben Packen und Möbelwagen bestellen, berücksichtig werden. Hierbei können Eltern im Vorfeld behilflich sein. Denn nicht jeder junge Erwachsene denkt an die Anmeldung bei den Behörden, an Versicherungsschutz, Planung der Lebenshaltungskosten oder Prüfung des Mietvertrages.

Was müssen junge Erwachsene wissen?
Eine gute Vorbereitung hilft fast immer, Stress zu vermeiden. Deshalb empfiehlt sich neben einer Checkliste auch zusätzliche Informationen zu bestimmten Themen einzuholen, die in dieser aufregenden Zeit wichtig sind.
Laut einer Erhebung des Bankenverbandes (Jugendstudie 2024) geben 80 Prozent der Befragten an, in der Schule „wenig“ oder „so gut wie gar nichts“ über Wirtschaft und Finanzen zu lernen. Somit fühle sich nur jeder Fünfte gut auf das Leben nach der Schule vorbereitet.
Dass insbesondere Finanz- und Alltagswissen den Schulabsolventen fehlen, bestätigt auch die Initiative für wirtschaftliche Jugendbildung (IWJB) und hat den „Zukunftstag“ als Projekttag in Schulen ins Leben gerufen. Für einen Tag werden die Lehrer gegen Experten für Alltagskompetenzen ausgetauscht. Außerdem gibt es begleitendes Unterrichtsmaterial. So sollen Schülerinnen und Schüler mit Themen wie Steuern, eigene Wohnung, Finanzen und Versicherungen auf das Erwachsenenleben vorbereitet werden.
„Letztes Jahr fanden in Baden-Württemberg 88 Projekttage an verschiedenen Schulen statt“, erklärt Anna Pia Wienecke, Sprecherin der IWJB. In diesem Jahr sind weitere Projekttage bereits geplant. Ziel ist es, dass jeder Schüler einmal in den Genuss eines solchen Projekttages kommt.
Finanzplanung der Lebensunterhaltskosten
Wer alleine lebt, wundert sich, wieviele Rechnungen plötzlich anfallen und was alles Geld kostet. Bei den Eltern brauchten sich viele Kinder keine Gedanken über Stromkosten, Handygebühren oder Vereinsbeiträge machen. Spätestens zum Auszug sollte sich jeder jedoch einen Überblick über alle anfallenden Kosten verschaffen, um keine bösen Überraschungen zu erleben und festzustellen, dass die Kalkulation der Lebenshaltungskosten nicht stimmt.

Miete, Nebenkosten, wie Heizung, Wasser, Strom, aber auch Essen, Ausbildungsgebühren, Transportmittel, Versicherungen, Internet und Beiträge für Freizeitvergnügungen und Sport gehören zu den gängigen Posten.
Unterhaltspflicht und BAföG
Wenn das Kind in der Ausbildung ist und nicht mehr bei Mutter und Vater wohnt, sind Eltern verpflichtet, Unterhaltszahlungen an ihr Kind zu leisten, bekommen aber auch bis maximal zum 25. Lebensjahr Kindergeld.
Sind die Eltern finanziell jedoch nicht in der Lage, die benötigte Unterhaltszahlungen an ihr Kind aufzubringen, können junge Menschen mit BAföG unterstützt werden.
Beantragt werden kann sowohl Schüler-BAföG, als auch BAföG für Studierende. Die Bewilligung hängt dann von den persönlichen Voraussetzungen wie Staatsangehörigkeit beziehungsweise dem aufenthaltsrechtlichen Status, dem Alter und der Eignung für die gewünschte Ausbildung sowie privates Einkommen und Vermögen, ab. Die BAföG-Förderung ist ein Darlehen, das zurückgezahlt werden muss. Die Förderung kann bis zu 992 Euro im Monat betragen.
Job und Steuern zahlen
Viele Studierende oder junge Menschen in der Ausbildung füllen ihre Haushaltskasse mit einem Aushilfsjob auf. So können sie selber etwas zu ihrem Unterhalt hinzuverdienen, sich auch mal einen Urlaub oder ein neues Kleidungsstück leisten oder sogar Rücklagen bilden. Finanzexperten, aber auch die Stiftung Warentest, raten schon jungen Menschen zu einem Sparplan, so dass sie einen finanziellen Puffer haben, falls beispielsweise mal die Waschmaschine kaputt geht.
Wer Geld verdient, muss natürlich auch Steuern zahlen. Bei Steuerklasse 1 bleiben die Einkünfte in der Regel steuerfrei, wenn der Grundfreibetrag von 9.408 Euro im Jahr nicht überschritten wird. Eine Steuererklärung ist aber dennoch notwendig. Diese kann heutzutage auch über spezielle Apps, wie Taxfix, gemacht werden. Hilfen gibt es auch über die Finanzämter. Steuerspartipps erhält man unter anderen über das Finanzministerium Baden-Württemberg
Weiterführende Informationen & Tipps
- Zukunftstag, Projekttag an Schulen, Anmeldung unter zukunftstag.org
- BAföG online beantragen über meinbafoeg.de
- Kindergeld online beantragen über arbeitsagentur.de
- Mieterverein Stuttgart, mieterverein-stuttgart.de
- Informationen zur Krankenversicherung über den Bund der Versicherten, bundderversicherten.de
- Steuertipps für Schüler und Studenten unter fm.baden-wuerttemberg.de
Die erste eigene Bleibe

Bei den Kosten, die beim Auszug entstehen, ist ein großer Posten meist die Kaution. In der Regel wird eine zwei- oder dreimonatige Mietzahlung als Kaution verlangt. Diese gibt es zwar nach Ende der Mietzeit zurück, muss aber erst einmal aufgebracht werden.
Vor einer Unterschrift heißt es, den Mietvertrag zu prüfen, sich über Kündigungsfristen und Mietstaffelungen zu informieren, aber auch die Wohnungsbeschreibung mit Quadratmeterzahl zu checken. Wer sichergehen möchte, ob alles korrekt ist, kann sich vom Mieterverein beraten lassen.
Emotionale Umstellung
Alleine wohnen hat seinen Reiz. Man kann machen, was man möchte. Das zumindest in der Theorie. Beim Einzug in einer Wohngemeinschaft kann es schon etwas anders aussehen. Es gibt unter Umständen einen Putzplan, man muss sich abstimmen und aufeinander Rücksicht nehmen.
Auch Momente der Einsamkeit kann das Alleinewohnen mit sich bringen. Manch einer bekommt vielleicht Heimweh. Und plötzlich ist niemand mehr sofort mit Rat und Tat zur Stelle, wenn mal etwas schief läuft. Auch das gehört zum Prozess auf dem Weg zur Selbständigkeit.
Emotionalität kann auch bei den Eltern entstehen. Denn auch für sie ändert sich vieles. Sie sind plötzlich alleine zu Hause. Keine Turnschuhe liegen mehr im Weg rum, die Waschmaschine ist nur noch halb so voll, die Einkaufsliste schrumpft und plötzlich brauchen sich die Eltern weder um Schulprobleme noch um spätes Nachhausekommen sorgen. Manche Eltern fallen in ein Loch und versuchen, dieses zu füllen, indem sie ihre Kinder im neuen Heim ständig besuchen oder zumindest anrufen.
Loslassen! Das gilt nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Eltern. Denn der Abnabelungsprozess findet auf beiden Seiten statt.
Wann ziehen Kinder aus?
Die einen ziehen früher aus als die anderen. Grundsätzlich gilt: bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres braucht ein Kind die Erlaubnis der Eltern, wenn es ausziehen möchte. Die meisten jungen Menschen verlassen jedoch erst nach der Volljährigkeit das Elternhaus.
Laut Statistischem Bundesamt waren junge Menschen beim Auszug aus dem elterlichem Haushalt in Deutschland im Jahr 2022 im Schnitt 23,8 Jahre alt. Söhne lassen sich etwas mehr Zeit als Töchter. Junge Frauen packen durchschnittlich mit 23 Jahren ihren ersten Umzugskarton, während junge Männer sich mit 24,5 Jahren von den Eltern verabschieden. Im Jahr 2022 lebten lediglich noch ein Viertel (27,3 %) der 25-Jährigen im elterlichen Haushalt. Bei den 30-Jährigen lag der Anteil bei 9,2 %.

Im europäischen Ländervergleich liegt Deutschland beim Auszugsalter mit dem fünften Platz recht weit vorne. An der Spitze in Europa sind Finnland, gefolgt von Schweden, den Niederlanden und Frankreich.
Gut abgesichert
Mit dem Auszug ergeben sich neue Lebensumstände. Damit ist auch der Zeitpunkt gekommen, sich über den bestmöglichen Versicherungsschutz Gedanken zu machen.
„Am wichtigsten sind in dieser Lebensphase die Privathaftpflichtversicherung und die Absicherung der Arbeitskraft durch eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung. Die Krankenversicherung ist ohnehin Pflicht“, erklärt Claudia Frenz vom Bund der Versicherten.
Die Krankenversicherung bei Studierenden ist meist bis zum 25. Geburtstag über die Familienversicherung der Eltern abgedeckt, sofern das monatliche Einkommen des Kindes 505 Euro (Stand 2024) nicht überschreitet. Auszubildende müssen dagegen selbst eine Krankenversicherung abschließen.
Eine Privathaftplichtversicherung sollte laut Versichertenbund jeder haben, denn sie übernimmt im Schadensfall den Ausgleich berechtigter Schadensersatzansprüche, sowohl bei Personen-, Sach- oder Vermögensschäden. Häufig sind volljährige Kinder in der Ausbildung noch bei den Eltern mitversichert, auch wenn sie nicht mehr zu Hause wohnen. Dies sollte bei der Versicherung abgeklärt werden. In der Regel brauchen Kinder erst nach Abschluss der Erstausbildung als Berufsstarter ihre eigene Haftpflichtversicherung.
Die Absicherung der Arbeitskraft durch eine private Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung hält der Bund der Versicherten ebenfalls bei jungen Menschen für besonders wichtig. Sie sollte möglichst früh abgeschlossen werden, denn je älter man ist, desto höher die Prämie. „Beim Abschluss der Versicherung ist es ratsam, sich anbieterunabhängig beraten zu lassen“, rät Frenz.
Vorsicht ist auch bei allen anderen Versicherungen geboten, denn „Auszubildende und Studierende sind eine attraktive Zielgruppe für den Vertrieb von Versicherungs- und Kapitalanlageprodukten“, warnt Frenz.